Sporthypnose

Mit dem Unterbewusstsein zum Erfolg

In anderen Ländern zählt sie schon längst zum Standard, hier ist sie erst jetzt auf dem Vormarsch – die Hypnose im Sportmentalcoaching. Vielseitig, flexibel und überaus ­erfolgreich – das zeichnet die Hypnose auch im Sport­bereich aus.

Die Hypnose, der Ursprung aller Entspannungsverfahren, bietet auch im Profisport neue und vor allem vielseitige Möglichkeiten. Mit Sporthypnose können zum Beispiel innere Faktoren wie Selbstbewusstsein oder Selbstvertrauen um ein Vielfaches gestärkt ­werden. Sporthypnose hilft ebenso bei Visualisierung, Konzentration, ­Motivation sowie der Gedanken- und Emotionsbeherrschung. Auch ­Körper­funktionen können direkt über das ­Unterbewusstsein angesprochen werden.

Darüber hinaus hilft Sporthypnose bei einem Wiedereinstieg nach Verletzungen und unterstützt das Techniktraining durch schnelles Erlernen von neuen Bewegungsabläufen. Das Erlernen eines positiven und konstruktiven Umgangs mit Stress, Fehlern und Niederlagen findet mit Sporthypnose schon weit im Vorfeld des Wettkampfs statt.

„Das Unterbewusstsein“

Die Neuropsychologie weiß es schon lange – unser tägliches Handeln ist überwiegend vorbestimmt und hat
einen direkten Ursprung: das Unter­bewusstsein. Das Auge sendet mindestens 10 Millionen Bit pro Sekunde ans Gehirn, die Haut 1 Million Bit, das Ohr 100.000 Bit, der Geruchssinn 100.000 Bit sowie der Geschmackssinn 1.000 Bit. Alles in allem mehr als 11 Millionen Bit, die das Unterbewusstsein Sekunde für Sekunde verarbeitet – im gleichen Moment erlebt unser Bewusstsein aber nur ca. 9 bis max. 40 Bit/s.

Die bewusste Wahrnehmung ist somit viel geringer als die eigentliche, reelle Sinneswahrnehmung über das Unter­bewusstsein. Umso logischer erscheint es, diese Höchstleistung des Unter­bewusstsein für die Erreichung von Zielen mit einzubeziehen. Eine vielseitige Methode für die direkte Arbeit mit dem Unterbewusstsein ist die Hypnose, die 2006 auch in Deutschland durch den wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie anerkannt wurde.

„Hypnose – der Zugang zum Unterbewusstsein“

Hypnose ist kein einzigartiger Bewusstseinszustand, sondern eine von vielen Methoden, mit denen eine Trance erzeugt werden kann. „In Hypnose“ oder „in Trance zu sein“ ist ein völlig natürlicher Bewusstseinszustand, in dem unsere Sinne fast vollständig nach innen konzentriert sind. Die sogenannte innere Aufmerksamkeit ist aktiviert – wir nehmen über unser Vorstellungsvermögen wahr. Im EEG stellt sich die Hypnose als eigener Bewusstseinszustand mit kurzwelligen Alpharhythmen dar.

In ­einer herkömmlichen Entspannungshypnose verändern sich zahlreiche Köperfunktionen: Die Muskelspannung nimmt ab, Herz- und Atemfrequenz reduzieren sich ebenso wie der Blutdruck. Die Hauttemperatur verändert sich sowie auch diverse Funktionen des Hormon- und Immunsystems. Wie aber unterscheidet sich Hypnose von Meditation oder autogenem Training? Die Antwort ist einfach: Der körperliche Zustand der Entspannung ist kein definiertes Merkmal der Hypnose, beziehungsweise der hypnotischen Trance.

„Sporthypnose und Flow – natürliche Bewusstseinszustände“

Die Wissenschaft definiert die hypnotische Trance als einen signifikant und stabil veränderten Bewusstseinszustand, in dem dissoziative psychische und ­somatische Prozesse induziert werden können, zu denen der Hypnotisierte im Wachzustand keinen Zugang hätte. Die Trance ist sozusagen ein vorübergehender Zustand veränderter Aufmerksamkeit. In Trance prägen sich positive Suggestionen um ein Vielfaches besser und tiefer ein und können im Bezug auf bestimmte Situationen außerhalb der Hypnose posthypnotisch verankert werden.

Die Suggestionen können die mentale Einstellung, das Befinden und das körperliche Leistungsverhalten ebenso ansprechen wie auch neue technische Bewegungsabläufe. Hypnose geht im Sport zwei völlig verschiedene Wege. Die altbekannte Variante in Form der Tiefenentspannung und aktiv wach in Form eines euphorischen Trance-Zustandes. Die in Aktiv-Wach-Hypnose auf dem Ergometer hervorgerufene Trance entspricht in etwa dem Flow-Zustand, den die meisten Profisportler kennen. Der Zustand, in dem jede Bewegung, jeder Ablauf, einfach alles völlig alleine ohne großes Zutun richtig abläuft – erhöhte und stark fokussierte Konzentration, das Umfeld wird zur Nebensache – Schritt für Schritt dem Ziel näher kommend.

Die meisten erfolgreichen Sportler berichten in Interviews immer ähnlich von diesem Flow: „Ich weiß es nicht, ich kann es nicht beschreiben, es lief einfach!“.

„Sporthypnose & Mentales Coaching“

Wichtig für die gelungene Arbeit mit Sporthypnose ist ein seriöser Coach sowie die offene, ehrliche und interaktive Arbeit zusammen mit dem Klienten – die Chemie muss stimmen und die Ziele im Vorfeld klar gesteckt sein. Serioses mentales Coaching verspricht die Erhöhung der Wahrscheinlichkeit auf einen Erfolg – niemals den Erfolg an sich, denn die Ressourcen hierfür sind immer beim Klienten selbst. Die Stabilisierung dieser Ressourcen sowie die Unabhängigkeit des Sportlers stehen ­immer im Vordergrund.

Sportmentalcoaching ist keine Kurz­zeitintervention – leider wird für viele Sportler Mentalcoaching immer erst dann aktuell, wenn die Krise bereits eingetreten ist. Mentales Training sollte in jedem Trainingsplan fest eingebunden sein, um solche Tiefs im Vorfeld optimal abfangen zu können. Bei Krankheit oder Verletzungen unterstützt Sporthypnose das körpereigene Immunsystem, um ein Vielfaches schneller wieder auf die Beine zu ­kommen. Sporthypnose schafft neue Schnittstellen zu anderen Bereichen wie z.B. Sportphysiologie, Techniktraining oder Trainerkommunikation.

So dient z.B. in einem aktuellen Fall aus dem Bereich des Biathlonsports die Messung und Auswertung einer 24-stündigen Herzratenvariabilität (HRV) als Basis für eine hypnotische Intervention zur Verbesserung des Nachtschlafes. Mit Hypnose und weiterführenden Übungen wird hier schnell und effizient eine deutliche Steigerung des Para­sympathikus- und Absenkung des Sympathikus-­Wertes erreicht.

Autor: Rouven M. Siegler

Dieser Artikel stammt aus dem Archiv der ehemaligen Seite medicalsportsnetwork.de. Er wurde mithilfe der Wayback Machine (archive.org) rekonstruiert um weiterhin zur Verfügung zu stehen.