Körperliche Aktivität & Sport im Alter

Im Zuge des demographischen Wandels ist der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung gewachsen und steigt weiter an. Schätzungen zufolge wird im Jahr 2030 bereits mehr als ein Drittel der deutschen Bevölkerung über 60 ­Jahre alt sein. Der Entwicklungs­abschnitt des Alters ist durch eine Verschiebung des Verhältnisses von Gewinn und Verlust gekennzeichnet. Neben fortschreitenden Funktionseinbußen in sensorischen, motorischen und kognitiven Bereichen, nimmt die Prävalenz von chronischen Erkrankungen und die Gefahr zu Stürzen deutlich zu.

Diese Veränderungen können zu einer Beeinträchtigung der selbstständigen Lebensweise führen, sodass Pflegeleistungen notwendig werden. Diese verursachen volkswirtschaftliche Kosten in Milliardenhöhe. In zahlreichen Studien konnte jedoch nachgewiesen werden, dass durch modifizierbare Lebensstilfaktoren, insbesondere körperliche Bewegung, positiv auf die Veränderungen im Alter eingewirkt werden kann.

1. Effekte körperlicher Aktivität auf die Gesundheit

Regelmäßige körperliche Aktivität trägt zur Reduktion der Gesamtmortalität um bis zu 53?% bei etwa 3 Stunden Bewegung pro Woche bei. Aerobes Ausdauertraining senkt außerdem den ­Körperfettanteil, den Anteil schädlicher Blutfette (Triglyceride, Gesamtcholesterin) sowie den Blutdruck und verbessert die Glucosetoleranz. Dadurch kann das Risiko für Herzkreislauferkrankungen insgesamt deutlich reduziert werden. Eine präventive Wirkung kann weiterhin auf die Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 sowie Brust- und Dickdarmkrebs nachgewiesen werden. Durch zusätzliches Kraft(ausdauer)training kann die Muskelmasse erhöht werden, wodurch das Risiko für Stürze und daraus resultierende Knochenbrüche sowie ­Osteoporose deutlich verringert wird.

Auf der psychischen Ebene kann Ausdauertraining sowohl negative emotionale Zustände reduzieren, also auch ­positive emotionale Zustände fördern. Bei älteren Menschen konnte konsistent ein antidepressiver Effekt von Bewegung nachgewiesen werden. Dies ist insbesondere deshalb interessant, weil ­Depressionen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter zählen. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass durch ein kombiniertes Ausdauer-Krafttraining alterssensitive kognitive Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit gefördert werden können und die Ent­stehung einer Demenz verzögert werden kann.

2. Richtlinien zu körperlicher Aktivität im Alter

Um die oben genannten gesundheitlichen Effekte zu erreichen, sollten ­ältere Menschen:

  • an mindesten 5 Tagen pro Woche und einer Dauer von mindestens 30 Minuten aeroben Ausdauersport wie Walken, Radfahren, Schwimmen bei moderater Intensität (40 bis 60?% VO2max) ausüben; kürzere Einheiten von mindestens 10 Minuten können aufsummiert werden
  • an mindestens 2 Tagen pro Woche 8–10 Kraftübungen für die großen ­Muskelgruppen mit je 10–15 Wiederholungen bei moderater bis hoher ­Intensität durchführen
  • an mindestens 2 Tagen pro Woche für mindestens 10 Minuten Beweglichkeitsübungen ausüben
  • zusätzlich Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts durchführen, um das Risiko von Stürzen zu minimieren (American College of Sports Medicine & American Heart Association, 2007)

Das Bundes-Gesundheitssurvey erhob 1998 und 2003 das körperliche Aktivitätsverhalten der deutschen Bevölkerung. In der Altersklasse der 60- bis 69-Jährigen sind lediglich 15?% der Männer und 8?% der Frauen in dem oben empfohlenen Maße körperlich ­aktiv, bei den 70- bis 79-Jährigen nur noch 7?% der Männer und 5?% der Frauen. Bewegungsmangel ist demnach in der Gruppe der Älteren und hier vor allem bei den sozial Benachteiligten weit verbreitet. Ein wichtiges Ziel ist es deshalb, die körperliche Aktivität im Alter
durch gezielte Bewegungsprogramme zu ­steigern.

3. Empfehlungen für Sportprogramme

Obwohl viele Menschen beabsichtigen regelmäßig körperlich aktiv zu sein, fällt die Aufnahme und Aufrechterhaltung eines aktiven Lebensstils häufig schwer. Ursachen hierfür sind beispielsweise ein geringes Selbstvertrauen in die eigenen körperlichen Fähigkeiten (Selbstwirksamkeit), ein subjektiv schlechter ­Gesundheitszustand, die Angst vor Verletzungen oder fehlende soziale Unterstützung durch Familie und Freunde, die zum Sporttreiben anregen könnten. Auch die betreuenden Ärzte empfehlen zu selten Bewegung.

Ein Sportprogramm für diese Zielgruppe sollte aus einer Kombination aus Ausdauer-, Krafttraining, Gleichgewichts- und Beweglichkeitstraining bestehen. Vor Beginn eines Bewegungsprogramms sollten ältere Menschen einen Gesundheitscheck vom Arzt durchführen lassen. Um Überlastungen zu vermeiden, empfiehlt es sich mit niedriger Intensität zu beginnen und diese allmählich zu steigern. Ein angeleitetes Sportprogramm in der Gruppe bietet für Einsteiger/innen eine sehr gute Möglichkeit die ­richtigen Bewegungsausführungen zu lernen, eine qualifizierte Betreuung zu bekommen und soziale ­Interaktion mit Gleichgesinnten zu erleben.

Es ist wichtig die sportbezogene Selbstwirksamkeit älterer Menschen zu fördern, indem das Programm auf die Interessen und Bedürfnisse der Teilnehmer sowie deren körperlichen Voraussetzungen, die regelmäßig durch Fitnesstests überprüft werden sollten, abgestimmt wird. Regelmäßiges positives Feedback zu Trainingsfortschritten fördert einerseits die Motivation zum Sporttreiben andererseits aber auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dies hilft älteren Menschen sich realistisch einzuschätzen und somit ein gewisses Sicherheitsgefühl zu erleben. Die Erfahrung, selbst gesteckte Ziele auch erreichen zu können, ­fördert zusätzlich die Einschätzung der eigenen Kompetenz.

Prinzipiell sollte der finanzielle und organisatorische Zugang zu Sportprogrammen oder selbstangeleiteter sportlicher Aktivität für ältere Menschen und insbesondere für sozial Benachteiligte deutlich erleichtert werden.

Autor: Dr. Ines Pfeffer

Dieser Artikel stammt aus dem Archiv der ehemaligen Seite medicalsportsnetwork.de. Er wurde mithilfe der Wayback Machine (archive.org) rekonstruiert um weiterhin zur Verfügung zu stehen.