Sport zur Krebsprävention

Körperliche Aktivität und primäre Krebsprävention: Es gehört zum Allgemeinwissen, dass körperliche Aktivität das Risiko für eine Reihe von Erkrankungen senken kann. Bekannte Beispiele hierfür sind die koronare Herzerkrankung, der Typ- II-Diabetes und der Schlaganfall. Erst in den letzten Jahren ist jedoch auch evident geworden, dass körperliche Aktivität das Risiko für die Entstehung unterschiedlichster Krebsarten zu reduzieren vermag

So konnte in einer Studie bei mehr als 150.000 Personen (70.403 Männer, 80.771 Frauen) gezeigt werden, dass sich diejenigen, die sich pro Woche mehr als 7 Stunden körperlich betätigten, das Risiko für Dickdarmkrebs um 40 % senken konnten. Darüber hinaus ist der protektive Effekt körperlicher Aktivität für hormonabhängig wachsende Tumore der weiblichen Brustdrüse in der Postmenopause und für den Prostatakrebs gut belegt.

Epidemiologie und Therapie von Krebserkrankungen

Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft erkrankten im Jahre 2004 insgesamt 230.500 Männer und 206.000 Frauen neu an Krebs. Bei Männern steht der Prostatakrebs an erster Stelle, gefolgt von Darm- und Lungenkrebs. Bei Frauen belegt der Brustkrebs den ersten Platz, gefolgt von Darm- und Lungenkrebs. Die Behandlung von Krebserkrankungen hat in den letzten Dekaden erhebliche Fortschritte gemacht. So ist die Überlebensrate von Krebspatienten aufgrund von Verbesserungen im diagnostischen und therapeutischen Bereich signifikant angestiegen. Als ein Ergebnis dieser Entwicklung wird Krebs heute eher als eine chronische Erkrankung angesehen, wobei ein schwerpunktmäßiges Augenmerk mittlerweile auf der Lebensqualität von Patienten nach einer Krebstherapie liegt.

Mit welchen wichtigen und lang anhaltenden Problemen werden Krebspatienten konfrontiert?

  1. 70 % der Patienten mit soliden Tumoren und Blutkrebserkrankungen zeigen eine körperliche Verfassung, die in 50 % als schlecht bzw als sehr schlecht eingestuft wird. Sowohl Bestrahlung als auch Chemotherapie scheinen dabei negative Nebenwirkungen auf das kardiorespiratorische und muskuloskeletale System zu haben.
  2. Ein signifikanter Muskelschwund mit nachfolgender herabgesetzter Muskelkraft findet sich bei 50 % aller Krebspatienten. Obwohl der exakte Mechanismus nicht klar ist, wird allgemein davon ausgegangen, dass der
    krebsinduzierte Muskelschwund ein multifaktorieller Prozess ist, der über Faktoren wie z.B. verminderte Energieaufnahme, proinflammatorische Zytokine, gesteigerten Muskelproteinabbau und Bettruhe zum Tragen kommt.
  3. In 61–99 % leiden Krebspatienten während und nach ihrer Krebstherapie unter dem Fatigue-Syndrom. Dieses multidimensionale Syndrom ist u.a. mit psychosozialen Problemen wie z.B. Angst, Depression, verminderter Selbstwertschätzung und Schlafstörungen assoziiert.
  4. Viele Krebspatienten berichten über körperliche Beeinträchtigungen, z.B. beim Treppensteigen oder beim Spazierengehen über kurze und längere Strecken. Dieser Befund wird bei mehr als 50 % der Patienten, die ihre Krebserkrankung erst kürzlich überwunden haben, aber auch bei Langzeitüberlebenden im Vergleich zu Patienten mit keiner Krebserkrankung erhoben (21 %). Körperliche Limitierungen führen in ca 30 % bei Krebspatienten zur verminderten Teilnahme an sozialen und sportlichen Aktivitäten.

Sport als integraler Bestandteil eines multimodalen Krebstherapiekonzepts

Zahlreiche Studien zeigen, dass regelmäßige körperliche Aktivität die Überlebensrate von an Dickdarmkrebs erkrankten Patienten steigert. Dies gilt ebenfalls für den Brustkrebs wie auch für den Prostatakrebs. Die Integration von Sport in ein Gesamttherapiekonzept erfordert in jedem Falle eine enge Zusammenarbeit der beteiligten Disziplinen. Ein sehr wichtiger Aspekt ist, dass das Wissen um die positiven Wirkungen von Sport in der Tumortherapie bisher sowohl bei Ärzten als auch bei Patienten leider nicht sehr präsent ist.

Hier setzt die Stiftung „Leben mit Krebs“ an: Seit Juli 2005 bietet sie ein kontrolliertes Sportprogramm für Krebspatienten an. Die Patienten absolvieren Fitnesstests und erhalten eine Beratung über die individuell geeignete Ausdauersportart. Am häufigsten wurde den Patienten zu Walking, Jogging, Rudern oder Radfahren geraten. Zur
Beratung und Durchführung einer gezielten Sporttherapie finanziert die Stiftung „Leben mit Krebs“ die Einrichtung von Personalstellen für Sporttherapeuten. Erste Ergebnisse des Projekts „Sport und Krebs“ zeigen, dass leichtes Ausdauertraining bei rund 80 Prozent der Teilnehmer bereits nach zwei Wochen die Leistungsfähigkeit und den Lebensmut deutlich verbessern.

Sport in der Krebsnachsorge – flächendeckende Nachhaltigkeit

Die flächendeckende Umsetzung von Sport in der Krebsnachsorge ist erst in Ansätzen erkennbar, obwohl die Weiterbildung zu Übungsleitern in der Krebsnachsorge von Landessportbünden oder den Behinderten- und Reha-Sportverbänden seit Jahren angeboten wird. Die Ausbildungen sind bundeseinheitlich in einem Curriculum festgelegt. Durch die Rahmenvereinbarung zwischen dem Deutschen Behindertensportverband und dem Gesamtverband der Krankenkassen vom 1. Oktober 2003 ist Sport in der Krebsnachsorge als Rehabilitationssport anerkannt und verordnungsfähig.

Der betreuende Arzt und der Patient füllen einen Antrag zum Rehabilitatsionssport aus, der anschließend durch die Krankenkasse zu genehmigen ist (Muster 56 der Formulare der Bundesärztekammer). Die Verordnung wird über 90 Übungseinheiten innerhalb von 18 Monaten erteilt und belastet das Budget des Arztes nicht.

Fazit

Es gilt als gesichert, dass sportliche Aktivität sowohl in der Primärprophylaxe als auch in der Sekundärprophylaxe von Krebserkrankungen deutliche positive Effekte zeigt. Um jedoch Sport nachhaltig und flächendeckend als Therapieprinzip im Kampf gegen den Krebs mit zu etablieren, ist sicherlich noch erhebliche Aufklärungsarbeit notwendig.

Autor Prof. Dr. med. D Ernst Hanisch

Dieser Artikel stammt aus dem Archiv der ehemaligen Seite medicalsportsnetwork.de. Er wurde mithilfe der Wayback Machine (archive.org) rekonstruiert um weiterhin zur Verfügung zu stehen.