Arthroskopische Verfahren am Kniegelenk

Die minimalinvasive arthroskopische Chirurgie wird durch rasante technische Entwicklungen ­vorangetrieben und verfeinert. Dies führt zu einer kontinuierlichen Erweiterung operativer Opera­tionsstrategien und Ergänzung der bisherigen­ Möglichkeiten in allen Kompartimenten des Knie­gelenkes. Im ersten Teil des Artikels be­schäftigen wir uns mit Knorpel und Meniskus­chirurgie, Teil zwei des Artikels setzt sich dann in der nächsten Ausgabe mit Bandchirurgie und Frakturversorgung auseinander.

Knorpel

(Osteo-)chondrale Läsionen am Kniegelenk sind typische Verletzungsmuster in der Orthopädie/Unfallchirurgie und werden im Rahmen von Kniegelenkarthroskopien mit einer Inzidenz von bis zu 66% gefunden [1]. Für das Kniegelenk wird die höchste Prävalenzrate für Arthrose beschrieben [2, 3]. Hyaliner Gelenkknorpel selbst ist gefäßfrei­ und kann nach Verletzungen meist nur unvollständig in Form eines Faserknorpelregenerates ausheilen. Die Repara­tion wird durch Einwandern mesenchymaler Stammzellen des Blutes oder Knochenmarks in den Defektbereich eingeleitet.

Das so entstandene Reparationsgewebe weist jedoch biomechanisch und biochemisch­ minderwertige Eigen­schaften auf [4], was daher oftmals in die sekundäre Arthrose ­mündet. Die Klassifikation der Knorpelschäden erfolgt nach Outerbridge und „ICRS Hyaline Cartilage Lesion Classification System“ [5, 6]. Neben der Röntgendiagnostik des Kniegelenkes gilt die MRT als Goldstandard der nichtin­vasiven Knorpeldiagnostik (Abb. 1). Therapeutisch gesehen sollte stets bei einer traumatischen Knorpelablösung versucht werden, das Fragment mittels bio­degradierbarer Pins zu refixieren (Abb. 2), wenn möglich arthros­ko­pisch. Grad II ICRS-Schäden können arthros­kopisch débridiert werden, um einen stabilen Rand zu schaffen (Containment). So kann bei kleinen oberfläch­igen ­Defekten eine Ar­thro­se­progre­dienz hinausgezögert werden, ohne jedoch eine kurative Knorpeltherapie durchzuführen [4].

Darüber hinaus wurden verschiedene Knochenmark stimulierende, arthroskopisch anwendbare Ver­fahr­en­­ entwickelt, deren Prinzip auf der Durchbrechung der subchondralen Grenzlamelle zur Induktion einer Ein­blutung mit Bildung eines stammzell­enthaltenen Clots beruht. Diese sollen­ sich dann zu Knorpelzellen differenzieren. Die von Steadman inaugurierte­ Mikrofrakturierung (Abb. 3) als das derzeit in Deutschland am häufigsten angewandte Verfahren zur Behandlung­ von Knorpelschäden ist die Therapie der Wahl bei kleineren Grad III und IV ICRS-Defekten bis zu 2cm2 [7, 8].

Vorteile dieses kostengünstigen, kom­pli­kationsarmen Verfahrens sind die leichte, einzeitige arthroskopische Durchführbarkeit. Eine Weiter­entwick­lung der Mikrofrakturierung ist ihre Kombination mit einer Kollagenmem­bran (Chondro-Gide®) bzw. verschiedener zellfreier Gelimplantate, dem einzei­tigen, so genannten AMIC-Verfahren (autologous matrix-induced chondrogenesis) [9]. Über deren mittelfristiges Outcome sind aktuell noch keine adäquaten wissenschaftlichen ­Ergebnisse publiziert, dieses Verfahren wird von den Autoren dieses Artikels nicht angewandt.

Neben den knochenmarkstimu­lierenden Techniken ist das zwei­zeitige OP-Verfahren der autologen Chondrozytenimplantation (ACI) als Standardverfahren zu nennen [10]. Dabei werden Knorpelzellen arthroskopisch entnommen und im Labor kultiviert. In der zweiten Operation werden diese autologen Chondrozyten­ in Mini-open-Technik mittels assoziier­ter dreidimensionaler Gel-Matrix (G/MACI) oder arthroskopisch nicht-­matrixgekoppelte (ACI) implantiert (Abb. 4). Komplikationen dabei: Transplantathypertrophie sowie Verkalkungen [11]. Diese bilden die große Gruppe der matrixgekoppelten Chon­drozyten­trans­plantationen (MACI), die sich besonders für umschriebene Defekte einer Größe von 2–9 cm2 eignen.­

Des Weiteren ist bei der Knorpeltherapie der autologe osteochondrale Transfer (OCT) anzuführen, wobei ein oder mehrere (Mosaik) Knorpel-Knochen-Zylinder aus einem weniger­ belasteten Spenderareal in den lasttragenden Defektbereich transplantiert­ werden. Dabei sind u. a. Knorpel­schäden Grad III/IV ICRS zur Versorgung mit einem­ osteochondralen Transfer geeignet. Aufgrund der be­grenzten Möglichkeit, Spenderzylinder­ zu entnehmen, sollte die Größe­ der zu deckenden Läsion 4 cm2 nicht deutlich überschreiten. Der Vorteil der Methode ist, dass hierbei sowohl der geschädigte Knorpel als auch der evtl. mitgeschädigte Knochen durch den vitalen Knochendübel und hyalines Knorpelgewebe ersetzt werden. Hierdurch kann eine schnelle, sichere­ Ein­­heilung mit hoher Primärstabilität ­erfolgen. Ein Nachteil ist die Ent­nah­me­­morbidität. Die Technik kann für kleinere Defekte an den Femurkondy­len arthroskopisch durchgeführt werden.

Der Vergleich der verschiedenen Verfahren zeigt, dass die ACI gegenüber der Mikrofrakturierung bei ­Defekten bis 2 cm2 gleichwertige klinische Ergebnisse aufweist, bei allerdings wesentlich längerer Rehabilitationszeit nach ACI [12, 13]. Bei längeren Beobachtungszeiten über sechs Jahre und Defekten über 2 cm2 zeigt die ACI teilweise signifikant bessere klinische Ergebnisse [14]. Der Studienvergleich zwischen ACI und OCT erbringt gleichwertige Ergebnisse­ für Defekte unter 4 cm2, allerdings ein besseres klinisches Outcome für die ACI bei größeren Defekten. Neuere Entwicklungen versuchen die Knorpelregeneration mithilfe von Wachstums­faktoren (BMP-7, BMP-2 und TGF-ß) und Stammzellen zu verbessern.

Meniskus

Die traumatische Meniskusverletzung (Abb. 5) stellt eine häufige operative Herausforderung dar [15, 16]. In bis zu 80% stellt die Meniskusverletzung eine Begleitpathologie der vorderen Kreuzbandruptur dar [17, 18]. Hierbei ist zu 36% der mediale und in 44% der laterale Meniskus betroffen [19]. Schon 1948 dokumentierte Fairbank infolge der offenen Meniskustotal­resektion die Arthroseentstehung am humanen Kniegelenk [20], wobei das Fortschreiten der Arthrose mit dem Verlust des Meniskusgewebes korreliert [21]. Die meniskale Formgebung, die Fibrokollagenfaserorientierung sowie die Meniskussubstanz [22] sind Grundlagen für die optimale Gewichts­verteilung und Stoßabsorption der inkongruenten Kniegelenkstrukturen [23].

Auch wenn die postoperative Rehabilitation und die beruflich-sport­liche Reintegration nach erfolgter Meniskusteilresektion als kurz und der berufliche und sportliche Ausfall nach erfolgter Meniskusnaht als lang anzusehen sind, sollte bei entsprechender Indikation der Vorteil der meniskuserhaltenden Therapie im langfristigen Verlauf ausführlich ­berücksichtigt werden [24, 25, 26]. Seit Erstbeschreibung der offenen Meniskusnaht (Abb. 6) [27] wurden zahl­reiche Refixationstechniken und Nahtmaterialien für die arthroskopische Menikusrekonstruktion mit variierenden Erfolgsraten zwischen 64% und 97% beschrieben [28, 29, 30, 31, 32]. In Kombination mit der vorderen Kreuzbandersatzplastik [24, 25] wie auch für die isolierte Meniskusver­letz­ung [26] wurde der protektive ­Einfluss der arthroskopischen Meniskusnaht gegenüber der Meniskusteilresektion hinsichtlich arthrotischer Veränder­ungen des Kniegelenkes dargestellt [26].

Eine Sonderform nimmt die Avulsionsverletzung der meniskalen Hinterhorninsertionsregion mit schwer wiegenden kinematischen Folgen für das Kniegelenk ein [33]. Diverse klinische und biomechanische Studien zeigen verschiedene Refixationstechniken. Insbesondere die arthroskopische transtibiale Auszugsnaht zeigt biomechanisch und klinisch gute ­Ergebnisse [34, 35]. Wir führen diese in einer tibialen Doppeltunneltechnik durch (Abb. 7).

Der höhergradige Meniskusverlust des jungen Patienten ohne fort­ge­schrittene degenerative Gelenkveränderungen stellt die klassische Indikation zum Meniskusersatz dar. Neben dem allogenen Meniskus-­Voll­trans­plan­tat [36, 37, 38] stellt das Kollagen-I-Meniskusimplantat eine Therapie­option dar (CMI Menaflex®, ReGen Biologics) (Abb. 8) [39]. Insgesamt besteht eine eingeschränkte Datenlage­ hinsichtlich des klinischen Outcomes.­ Die publizierten Ergebnisse zeigen im kurz- und mittelfristigen Verlauf ein gutes klinisch-radiologisches Ergebnis [40, 41, 42].

Fazit

Hinsichtlich der minimal-invasiven Techniken zu Knorpelzellverfahren und Meniskuschirurgie ermöglichen medizinische und technische Weiterentwicklungen ein breites Portfolio der Interventionsmöglichkeiten.

Autoren: Dr. med. Frederic Welsch, Dr. med. Manuel Weissberger, Dr. med. Dr. rer. nat. Thomas Stein

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